Newsletter 01/2022
Am Standort des Fraunhofer IIS/EAS in Dresden entsteht derzeit ein neues Applikationszentrum für die praktische Anwendung der Quantenkommunikation. Die Technologie gilt als zukunftsweisend, um auch zukünftig bei Hackerangriffen über besonders leistungsfähige Computer eine abhörsichere Datenübertragung zu ermöglichen. Am Quantenkommunikationszentrum wurden nun erste Versuchsaufbauten in Betrieb genommen.
Wissenschaftler des Fraunhofer IIS/EAS in Dresden haben aktuell am Aufbau des Applikationszentrums »Design skalierbarer Elektroniksysteme für die Quantenkommunikation« gearbeitet. Seit Juni 2022 stellt dieses Zentrum für Unternehmen und Forschung flexible Experimentier- und Testumgebungen zur Elektronikentwicklung für Quantenkommunikationssysteme bereit. Dabei stehen modulare mikroelektronische Schaltungen unter anderem auf Basis sogenannter Chiplets im Fokus. Dieser Ansatz ermöglicht es zum einen, Elektronik auch in geringen Stückzahlen kostengünstig zu produzieren. Zum anderen lassen sich so für die benötigten heterogenen Systeme besonders leistungsfähige Funktionseinheiten in der jeweils am besten geeigneten Technologie realisieren.
»Quantenkommunikation, also der Austausch von Daten mittels Qubits, wird unsere Welt nachhaltig verändern. Die Aussicht auf eine abhörsichere Übertragung von Daten lässt nur erahnen, welche Möglichkeiten diese Technologie eröffnet. Es braucht allerdings noch viele technische Innovationen, die die breite Nutzung dieser Technologie für Wirtschaft, Verwaltung und letztlich für jedermann ermöglichen. Das neue Applikationszentrum setzt hier an und wird in einem Partnernetzwerk genau diese Anwendungen entwickeln beziehungsweise testen und damit zentrale Entwicklungsschritte der Quantentechnologie mit prägen«, sagt Sachsens Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow.
Ein wichtiger Meilenstein des Applikationszentrums ist jetzt mit der erfolgreichen Einrichtung eines prototypischen Quantenkommunikationssystems erreicht worden. »In einem ersten Schritt testen wir nun intensiv die quantengesicherte Kommunikation über Glasfaser in unserem Institutsgebäude an der Münchner Straße«, berichtet Dr. Kay-Uwe Giering, Leiter des Applikationszentrums am Fraunhofer IIS/EAS. »Anschließend haben wir für die hochsichere Signalübertragung eine schrittweise Vergrößerung der Entfernungen geplant – vom lokalen und regionalen Umfeld in Sachsen bis 2024 nach Thüringen, und perspektivisch auch nach Bayern.« Denn das Zentrum entsteht als eine Schwerpunkt-Forschungsinfrastruktur für die Etablierung der Quantenkommunikation unter dem Dach einer Initiative der drei Freistaaten. Die Länderaktivitäten wiederum flankieren die deutschlandweite Forschungsinitiative QuNET zur Entwicklung neuer Schlüsseltechnologien für die Quantenkommunikation, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird.
Der Aufbau des Applikationszentrums wird vom Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus im Rahmen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) mit rund acht Millionen Euro gefördert. Die Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.
Zum Hintergrund
Viele der heute beispielsweise beim Online-Banking eingesetzten kryptografischen Verschlüsselungsverfahren werden zukünftig durch die voranschreitende Entwicklung von Quantencomputern prinzipiell angreifbar. Deshalb müssen schon heute neue Methoden für die sichere Übertragung von Daten und Informationen erforscht werden. Verschlüsselungsverfahren, mit denen die herkömmlichen ersetzt oder sinnvoll ergänzt werden können, existieren bereits. Die Basis hierfür ist jeweils ein geheimer Schlüssel, der ausschließlich Sender und Empfänger vorliegt. Hier setzt die Quantenkommunikation an und damit Systeme, die mithilfe von Lichtquanten einen geheimen Schlüsselaustausch ermöglichen. Denn die Quantenschlüssel können aufgrund physikalischer Gesetze nicht unbemerkt abgehört werden. Die zu übertragenden Daten, die auf Basis der Quantentechnologie verschlüsselt werden, können hingegen über eine herkömmliche Verbindung transportiert werden.