Newsletter 04/2024
Mikroelektronik unterstützt den Kampf gegen den Klimawandel und für eine bessere Umwelt, indem beispielsweise Antriebe intelligent gesteuert, Energiesysteme optimal betrieben und der Ressourcenbedarf von Produktionsprozessen überwacht werden. Aber der Informations- und Kommunikationstechnik-Sektor ist selbst einer der am schnellsten wachsenden Emittenten von Treibhausgasen und verbraucht erhebliche Ressourcen. Volkhard Beyer und Dirk Mayer, Forscher am Institutsteil Entwicklung Adaptiver Systeme des Fraunhofer IIS, zeigen Möglichkeiten zur Optimierung der Ökobilanz von IoT-Geräten.
Trends wie die umfassende Digitalisierung unseres Alltags durch das Internet of Things und der Einsatz künstlicher Intelligenz, welche den Aufbau und Betrieb stromhungriger Rechenzentren erfordert, mögen die die zunehmende Herausforderung illustrieren:
Vier Prozent des globalen Stromverbrauchs stammen aus der Informations- und Kommunikationstechnik, 1.4 Prozent der weltweiten Emissionen stammen aus der Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnik und eine einzelne Halbleiterfabrik kann bis zu 99 Millionen Liter Wasser verbrauchen – täglich.
In Europa werden seit einiger Zeit regulatorische Vorgaben zur Ökobilanzierung industrieller Produktions- und Lieferketten erlassen, so dass für Unternehmen akuter Handlungsbedarf besteht. Allerdings umfasst eine ökologische Bilanz eine ganzheitliche Betrachtung entlang des Lebenszyklus, also vom Ressourceneinsatz für Material und Produktion, dem Energiebedarf für den Betrieb bis zum Transport zum Kunden, dem Serviceaufwand bis zur Entsorgung.
Im Folgenden soll der Fokus auf dem Internet of Things (IoT) liegen. Hier sind große Hebel zu erwarten: Eine einzelner Baustein eines IoT-Devices wie ein MEMS Sensor verursacht nur 80g CO2, aber ein Hersteller allein kann über Jahre hinweg mehrere Milliarden Sensoren produzieren.
Welche Möglichkeiten zur Optimierung der Ökobilanz speziell von IoT-Geräten gibt es also? Einige Beispiele:
- Eine Verlagerung der Implementierung von Algorithmen aus der Cloud ins Gerät verringert den Energiebedarf für die Kommunikation. Aber offensichtlich steigt dadurch der Energieverbrauch des Geräts selbst an.
- Eine Vereinfachung der Konstruktion mag zu weniger Materialeinsatz führen, aber die Reparierbarkeit und somit die potentielle Lebensdauer des Geräts verschlechtern.
- Batterien werden in vielen drahtlosen und mobilen Geräten benötigt und enthalten häufig umweltschädliche Materialen. Durch Energy Harvesting (z.B. mit Solarzellen oder Bewegungsgeneratoren) können sie verkleinert oder ersetzt werden– demgegenüber steht, dass die Konstruktion aufwändiger und oft voluminöser wird und andere schwer entsorgbare Materialen verwendet werden.
- Bei allem sind auch wirtschaftliche Faktoren zu berücksichtigen, denn die Produkte müssen zu einem akzeptablen Preis auf den Markt gebracht werden und anwenderfreundlich sein.
Nicht zu vergessen ist aber auch, dass manche Optimierung der Ökobilanz auch kollaterale Nutzen bietet und das IoT-System für den Nutzer attraktiver machen kann:
- Ein geringerer Energiebedarf verringert lästige Batteriewechsel.
- Reparierbare Produkte haben ein längeres Leben und sind für den Nutzer dadurch wirtschaftlicher.
- Die Fähigkeit zu Softwareupdates verlängert die Nutzungsphase der Produkte und vermeidet Elektronikschrott, ist aber auch ein wesentlicher Beitrag zur IT-Sicherheit auf Seiten des Benutzers.
Es gibt also keine einfache, allgemeine Lösung. Vielmehr ist es notwendig, das jeweilige System konkret und umfassend zu betrachten.
Im Kompetenzzentrum »Green ICT @ FMD« werden Standardkomponenten wie Inertialsensoren untersucht, die millionenfach in Smartphones, Robotern, Drohnen, über Automobile bis hin zu Brückenbauwerken Anwendung finden. Die von ihnen erfassten Sensorgrößen (Beschleunigungen und Drehraten) sind die Basis für die Bewegungssteuerung, Navigation, aber auch die Zustandsüberwachung.
Anhand konkreter Anwendungsprofile wird untersucht, welche Sensortypen mit dem CO2-Footprint der verwendeten Materialien, ihrer Genauigkeit und ihrem Energiebedarf die jeweils optimale Lösung im Sinne der Ökobilanz darstellen, auch der Beitrag des Betriebsregimes der Sensorik, vor allem in Kombination mit häufig energiehungrigen GNSS (Global Navigation Satellite Systems) wird betrachtet.