Newsletter 04/2021
Der Entwurf höchstintegrierter Komponenten für Hochfrequenz-Anwendungen stellt Technologen, System-Ingenieure, Designer sowie die Inbetriebnahme-Ingenieure vor besondere Herausforderungen. Denn in aktuellen Komponenten verschwimmt immer stärker die Grenze zwischen Chip, Package und Board. Dr. Roland Jancke und Andy Heinig erläutern, wie sich diese Entwicklung auf den robusten Entwurf und die Absicherung der Zuverlässigkeit solcher Komponenten auswirkt.
Beim Design höchstintegrierter Komponenten für HF-Applikationen werden immer häufiger Teile der Funktionalität auf das Package oder sogar das Board ausgelagert. Oder die Anforderungen sind so enorm gewachsen, dass nur noch durch das perfekte Zusammenspiel von Chip, Package und Board die Funktionalität gewährleistet werden kann. Damit ergeben sich für einen robusten und zuverlässigen Entwurf solcher Komponenten – neben den auch in anderen Komponenten schon üblichen Effekten und damit nötigen Untersuchungen wie z.B. Timing, Voltage-Drop, … – eine Reihe zusätzlicher physikalischer Effekte, die mit weiteren Untersuchungen berücksichtigt werden müssen und deren Einfluss überprüft werden muss.
Weiterhin werden im HF-Design immer mehr Komponenten aus dem Schaltkreis in das Package verschoben, da es dort entweder die bessere Performance erreicht oder billiger zu fertigen ist. Um solche Verschiebungen zu ermöglichen, ist intensives Chip-Package-Board Co-Design nötig. Dazu sind entsprechende Tool-Flows aufzubauen, die das auf der gesamten Entwurfskette unterstützen. Das beginnt bei der zeitigen Variantenexploration auf funktionalem Systemlevel, geht über sehr zeitiges Floorplanning hin zu dem Co-Design der einzelnen Baugruppen und endet bei der Co-Verifikation des Gesamtsystems unter Berücksichtigung von z.B. parasitären Leitungs- und Substrateffekten.
Dazu müssen einerseits die funktionalen Eigenschaften der Komponenten erfüllt und nachgewiesen werden. Dabei geht es im Bereich des HF-Design vor allem um Verstärkungswerte, Rauschzahlen, Übersprechdämpfungen, spektrale Effizienz und ähnliches.
Zum Anderen erfordern aber auch speziell die nichtfunktionalen Eigenschaften besondere Aufmerksamkeit. Dabei geht es unter anderem um die Sicherstellung der Langzeit-Zuverlässigkeit sowohl im Chip, im Package und im Board als auch jeweils an der Verbindungsstelle Chip-Package und Package-Board sowie die Erfüllung thermischer Randbedingungen.
Häufig haben HF-Komponenten auf Grund ihres Einsatzgebietes (Automotive, Industriell, …) einen größeren Temperaturbereich abzudecken. Weiterhin arbeiten sie typischerweise auch im Großsignalbetrieb. Dadurch müssen bei der Absicherung der Zuverlässigkeit zusätzliche Tests durchgeführt werden, um das Alterungsverhalten auch in dem erweiterten Bereich (Temperatur, Amplitude, …) zu erfassen. Aufgrund der großen Spannungshübe ergeben sich für die HF-Schaltkreise eine Reihe von Stressmechanismen, wie Bias Temperature Instability (BTI), Hot Carrier Injection (HCI) sowie non-conducting HCI (nHCI) und On/Off state Time Dependend Dielectric Breakdown (TDDB).
Für die Simulation des erwarteten Alterungsverhaltens sind neben sehr guten DC-Modellen für die Nachbildung der HF-Kennzahlen (RF Figures of Merit – FOM) insbesondere die Transistor-Kapazitäten und ihre Veränderungen über der Lebensdauer möglichst akkurat zu modellieren. Außerdem konnte gezeigt werden, dass die quasi-statische Näherung zur Abbildung von DC-Alterung auf zeitvariable Alterung für höhere Frequenzen nicht mehr gültig ist.
Zusätzlich zu den Spannungsniveaus spielt bei Charakterisierung und Modellierung von RF-Bauelementen die Leistung eine wesentliche Rolle. Die Eingangsleistung ist eine weitere Stress-Variable mit Einfluss auf die Ausgangsleistung und die Power Added Efficiency (PAE). Für HF-Leistungsverstärker-Bauelemente (RF Power Amplifier Devices) kann die wichtige Drain-Spannung mehr als doppelt so groß sein wie die Betriebsspannung. Daher sind HCI und nHCI die wichtigsten Alterungsmechanismen, die es zu beachten gilt.
Die Verarbeitung hoher Leistungen in winzigen HF-Bauelementen stellt außerdem spezielle Anforderungen an den thermischen Aufbau der Komponenten. Eine lokale Erhitzung wirkt sich negativ auf die Langzeit-Zuverlässigkeit aus. Außerdem kann eine ungleichmäßige Erwärmung eines großflächigen Bauelements zu unerwarteten Leistungseinbußen führen. Diese thermischen Einflüsse sind bei der Gestaltung des Layouts, bei der Platzierung von thermischen Vias sowie beim Entwurf der Packaging-Lösung zwingend einzubeziehen.
Somit gibt es bei der Entwicklung von HF-Systemen und -Komponenten aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften neue Entwurfswege zu beschreiten und eine Reihe von spezifischen Randbedingungen zu beachten, um die korrekte Funktion und die Zuverlässigkeit über lange Zeit für das vorgesehene Anwendungsgebiet sicherzustellen.