Pressemitteilung

Gemeinsame Presseinformation des deutschen Konsortiums des Projektes »Things2Do« /

Die Mikroelektronik ist der Motor der Digitalisierung. Konkurrenzfähige Industrieprodukte benötigen hochintegrierte, energieeffiziente und intelligente Halbleiterkomponenten. Die Innovationsraten sind hier am höchsten. Das Industrieland Deutschland braucht diese Mikroelektronikprodukte in besonderem Maß, denn nur wenn die kritische Mikroelektronik beherrscht wird, können auch weiterhin in Deutschland Premium-Industrie-Produkte entstehen, die führend in der Welt sind. Das betrifft in besonderem Maß das Automobil, aber auch alle Produkte des Maschinenbaus, des Industrieanlagenbaus, der Energietechnik und der Medizintechnik.

Substrat für System-on-Chip
Fine-Pitch-Package-Substrat für ein multifunktionales System-on-Chip

THINGS2DO ist ein europäisches Verbundprojekt mit über 40 Partnern, davon 12 Partner in Deutschland, die in besonders intensiver Weise zusammengearbeitet haben, um die Designgrundlagen für die neue, FDSOI-basierte 22FDX® Technologie gemeinsam zu schaffen. Das Ziel des Projekts war es, der europäischen Industrie den Zugang zur neuartigen FDSOI-Halbleitertechnologie zu ermöglichen. Das Projekt ging weit über die Bereitstellung der FDSOI-Technologie hinaus und mit dem Projektabschluss stehen jetzt alle Grundlagen zur Verfügung, die für die erfolgreiche Entwicklung von Halbleiterbauelementen benötigt werden. Das umfasst insbesondere die Bereitstellung von erprobten Process-Design-Kits (PDK), leistungsfähigen Entwurfsmethoden, einer umfangreichen Bibliothek an Design-IP sowie von attraktiven SOCs als Demonstratoren und Referenz-Designs.

Die Leistungsfähigkeit der Entwicklungsergebnisse wurde mit mehreren Demonstratoren unter Beweis gestellt, darunter ein System-on-Chip (SoC) mit herausragenden Leistungsdaten. Entwickelt für die Video-Signalverarbeitung und Bilderkennung hat das System auf einem 64 Quadratmillimeter großen Chip mit Spezialprozessoren eine Rechenleistung von bis zu 1 Tera-OPS bei typischen 5 Watt Verlustleistung. Es kann im Automobil für verschiedene Anwendungen ohne Ventilatorkühlung eingesetzt werden, z. B. für eine 360-Grad-Rundumsicht, die Objekterkennung (z. B. Verkehrszeichen) oder den virtuellen Außenspiegel.

Bosch zeigte mit einem Radar-System als Demonstrator, dass moderne CMOS-Technologien neue Möglichkeiten für Automobil-Radar-Anwendungen bieten, wenn man sowohl das Systemkonzept als auch das Schaltungsdesign dafür entwirft und anpasst. So wurden von Bosch im Rahmen von THINGS2DO neuartige Radar-Modulationskonzepte untersucht und entsprechende Hochfrequenzschaltungen in der 22FDX® Technologie von GLOBALFOUNDRIES entwickelt.

Insgesamt haben die Ergebnisse die Erwartungen bei weitem übertroffen: Die eingebrachte 22FDX® Technologie ist wesentlich leistungsfähiger und stromsparender als die ursprünglich vorgesehene 28nm-FDSOI-Technologie. Der SoC-Demonstrator verfügt über eine deutlich größere Rechenleistung als zu Projektlegung geplant war und der Projektablauf konnte durch zusätzliche gemeinsame Anstrengungen um ein halbes Jahr verkürzt werden. Die frühe Verfügbarkeit der Ergebnisse hat dazu beigetragen, die 22FDX® Technologie und das zugehörige IP-Portfolio der Design-Partner am Markt zu etablieren und die Verwertungspläne signifikant zu vergrößern. Der deutschen Industrie steht nun ein leistungsfähiges Chip-Entwicklungssystem für die industrietaugliche 22FDX® Technologie zur Verfügung.

Die zugrundeliegende 22FDX® Technologie ist aus europäischen Entwicklungen hervorgegangen. Das neuartige Substratmaterial kommt von der Firma SOITEC in Frankreich und die 22FDX® Technologie wurde in enger Abstimmung mit der Firma STMicroelectronics und dem französischen Forschungslabor LETI von GLOBALFOUNDRIES in Dresden entwickelt. Das Projekt THINGS2DO wurde 2014 gestartet und am 30. Juni 2018 abgeschlossen. Fördergeber für dieses Projekt waren das BMBF sowie ENIAC, ein Private-Public Partnership Fond der EU-Kommission.

Prof. Dr. Bringmann, von der Universität Tübingen hat das deutsche Konsortium geleitet und sagt dazu: »Zum Abschluss möchte ich die gute Zusammenarbeit der Partner noch einmal ausdrücklich hervorheben. Es ist uns gelungen, einen der leistungsfähigsten Chips für die Bildverarbeitung zu entwickeln. Als wir 2014 starteten, hätten wir nicht gedacht, dass es uns gelingen wird, einen bedeutsamen Meilenstein für die deutsche Chipentwicklung zu setzen.«

Dr. Jens Benndorf steht der Firma Dream Chip Technologies vor und sagt zu dem Projektabschluss: »Durch die 22FDX® Technologie waren wir in der Lage, die Systemperformance signifikant höher zu setzen, als ursprünglich geplant. THINGS2DO hat uns sehr dabei geholfen, die Partnerschaften für die Siliziumtechnologie, Tools- und IP-Zulieferungen zu koordinieren, um den Demonstrator-Chip vorfristig vorzustellen. Wir haben jetzt in Deutschland ein komplettes Ökosystem für die Chipentwicklung in einer der attraktivsten Technologien, die heute existiert und damit eine valide Chipalternative für die deutsche und europäische Automobilindustrie.«

Dr. Thomas Morgenstern, Senior Vice President und General Manager von GLOBALFOUNDRIES Fab 1 in Dresden unterstreicht: »Unser Werk in Dresden ist Leitstandort für die FDSOI-Technologien von GLOBALFOUNDRIES. Aus Dresden heraus können wir die Kapazitätsanforderungen der Europäischen Industrie nach FDSOI und die hohen Qualitätsansprüche unserer Kunden bedienen.«

Dr. Peter Schneider, Leiter des Fraunhofer-Instituts IIS/EAS verdeutlicht stellvertretend für die beteiligten Fraunhofer-Institute: »Wir sind sehr glücklich, dass wir mit der Entwicklung von Schaltungs-IPs und unserem Know-how für die Umsetzung der Demonstratoren einen wichtigen Beitrag zum Gelingen dieses einmaligen Projektes leisten konnten. Dabei war unsere Entwurfsmethodik „Intelligent IP“ der Schlüssel für den erfolgreichen Wechsel der Halbleitertechnologie hin zu 22FDX®. Als ein Projektergebnis steht damit heute der europäischen Industrie das effiziente Design sowie die schnelle und sichere Übertragung von eigener IP in diese Technologie zur Verfügung.«

Dr. Axel Wenzler, Abteilungsleiter Automotive IC-Entwicklung der Robert Bosch GmbH, ist von der Leistungsfähigkeit von CMOS-Radar-Transceivern in 22FDX® überzeugt: »Wir haben in diesem Projekt Millimeterwellen-Module entworfen, die bei geringer Leistungsaufnahme eine hohe Temperatur-Stabilität zeigen. Damit ist die Basis für die Entwicklung kostengünstiger und gleichzeitig hochfunktionaler Automotive Radar-SoC-Bausteine geschaffen, welche in vielen Anwendungen die klassischen SiGe-MMIC-Komponenten ablösen werden.«